T2 Trainspotting | Film Review
Ich stelle es mir als extreme Herausforderung vor, nach mehr als 20 Jahren eine Fortsetzung für einen Film zu planen, der von vielen als Klassiker gehandelt wird. Man wird unmöglich jeden damit zufrieden stellen können.
Und nachdem ich vor zwei Wochen erklärt habe, warum „Trainspotting“ mein Lieblingsfilm ist, möchte ich heute seine Fortsetzung diskutieren, die gerade im Kino läuft.
Ich bin mit hohen Erwartungen in diesen Film gegangen, weil sich das alte Team wieder zusammengefunden hat und mit Leib und Seele hinter diesem Projekt steht. „T2 Trainspotting“ setzt die Handlung des ersten Teils im Hier und Jetzt fort. Mark Renton kehrt nach Edinburgh zurück. Drogen nimmt er schon lange nicht mehr. Er führt ein ruhiges Leben, arbeitet und ist verheiratet. In seiner Heimat trifft er direkt wieder auf alte Freunde. Diese haben aber nicht vergessen, was er ihnen angetan hat. Spätestens als Begbie wieder in der Stadt ist, wird die Luft für Mark dünn.
Die Handschrift von Regisseur Danny Boyle ist unverkennbar. Der Film sieht im Vergleich zum Original etwas glattpolierter aus. Es gibt viele – mehr oder weniger subtile – (visuelle) Anspielungen auf Teil 1. Ewan McGregor und Co. spielen ihre Rollen, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Man findet alle Macken und Ticks der Charaktere wieder. Sogar Irvine Welsh, der Autor der Romane, hat einen kurzen Gastauftritt.
Auch Anderes wird wieder aufgegriffen und modernisiert. In Sickboys Wohnung liegen DVDs statt VHS-Kassetten, Begbies Konservatismus wird durch den Lebensentwurf seines heranwachsenden Sohnes auf die Probe gestellt und der bekannte „Sag ja“-Monolog wird neu interpretiert. Der Soundtrack hat mir auch mit seinen Neufassungen einiger Lieder gut gefallen. Obwohl an einer Stelle das Originalstück aus logischen Gründen besser gepasst hätte.
Kritikpunkte gibt es natürlich auch. Bestimmte Zufälle, die Charaktere zusammenführen, sind sehr zweckdienlich und das Ende war etwas antiklimaktisch, obwohl es mir persönlich gefallen hat. Seine Sozialkritik und der schwarze Humor sind Elemente des ersten Teils, die mich am meisten beeindruckt haben. Beides findet man auch in „T2 Trainspotting“. Doch hier wirkt es stellenweise erzwungen und könnte besser in die Handlung eingearbeitet sein. Beispielsweise der bereits erwähnte Monolog von Mark ist nicht unbedingt nötig und wirkt dafür, dass er im Kontext der Szene improvisiert wird, zu druckreif.
Es ist sehr schwierig, diesen Film als eigenständiges Werk zu betrachten. Auch diese Kritk besteht zu 75 Prozent aus Vergleichen. Das liegt daran, dass ich „Trainspotting“ für einen perfekten Film halte. Als logische Schlussfolgerung bin ich natürlich gezwungen, diesen als Maßstab für den Nachfolger zu nehmen.
Doch ich bin froh, dass ich sagen kann: Diese Fortsetzung hat mich nicht enttäuscht! Sie enthält viel Nostalgie und Anspielungen auf das Original, womit sie Emotionen im Publikum auslöst. Aber das heißt noch lange nicht, dass der Film keine Qualitäten darüber hinaus mitbringt. Die Handlung steht auf eigenen Beinen, weil sie die Story vorantreibt und nicht ausschließlich die Elemente des Originals wiederkäut. Das alles sage ich natürlich nur unter Vorbehalt, weil ich weiß, dass Leute diesen Film wie jedes Sequel entweder lieben oder hassen werden.