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Mine im Interview

Foto: Simon Hegenberg
Foto: Simon Hegenberg

Am 15. April veröffentlichte die aufstrebende Künstlerin Mine ihr zweites Studioalbum „Das Ziel ist im Weg“ und im Moment ist sie unterwegs in Deutschland.

Auch Leipzig war Teil ihrer Tour. Dort spielte sie am 06.05. im Conne Island. Vor ihrem Konzert wurde sie aber erstmal von Leon Brachvogel über das Album, die Tour, ihre Einflüsse und das Leben als Musikerin ausgefragt.


Wie lief deine Tour bisher so? Du bist ja gerade mittendrin.

Genau, heute ist Bergfest; also Halbzeit! Es war gut! Ich schaue immer was musikalisch so geht und wo noch Verbesserungen zu machen sind. Aber dafür, dass wir jetzt nicht so wahnsinnig lange Probephase hatten, bin ich eigentlich total zufrieden mit allem!

Was hast du verbessert im Vergleich zur letzten Tour?

Wir haben dieses Mal ein bisschen mehr geguckt, wo im ästhetischen Sinne Luft nach oben ist. Wir haben zum ersten Mal Farben für die Kleidung festgelegt. Wir haben eine kleine Choreographie vorbereitet, ein bisschen mehr Licht und alles aufeinander abgestimmt. Es ist immer noch keine Show, aber unterstreicht die Musik!

Als ich dein Album gehört habe ist mir aufgefallen, dass diesmal alles ein bisschen elektronischer und experimenteller ist. Wie ist es dazu gekommen? Hattest du eine bestimmte Inspirationsquelle?

Ohne Inspiration geht sowieso gar nichts bei mir. Ohne Input kein Output. Ich gehe viel auf Konzerte und höre mir viele neue Sachen an. Ich habe sowieso immer Bock auf Veränderung. Davon abgesehen beeinflusst alles, was ich höre auch meinen Geschmack. Album 1 war das erste Projekt, das ich richtig produziert habe. Alles war sessionbasiert, akustisch und getragener und jetzt war für mich die Zeit gekommen, ein paar Beats zu produzieren.

Hast du denn bestimmte Empfehlungen im Bereich elektronische Musik für unsere Leser?

Ich höre sehr wenig Instrumentalmusik. Reines Electro ist nicht so mein Ding, aber ich stehe beispielsweise auf Stromae und diese typischen „Indie-Electrodinger“ finde ich auch total geil! Moderat haben wir gerade im Auto gehört.

Was kommt bei dir zuerst: Musik oder Text?

Das entwickelt sich eigentlich parallel. Entweder ich habe als erstes eine Textzeile, Inhaltsideen, eine Bassline oder irgendwas anderes. Und ich warte dann immer, bis ich von beiden Sachen etwas habe. Erst, wenn das da ist, fange ich an mit dem Ausproduzieren des Songs.

Verbringst du mehr Zeit mit Komposition oder Text? Was macht mehr Spaß?

Mir macht beides Spaß! Ich kann nicht sagen, dass ich auf irgendwas weniger Bock habe. Für mich ist die geilste Zeit, wenn die Grundstruktur des Songs steht und man dann anfängt mit den ersten Details. Dann höre ich wochenlang dasselbe Lied und finde es immer besser. Da kann man sich schön reinsteigern.

Bis zu welchem Punkt kannst du als Singer-Songwriterin dir leisten, ein Lied zu verwerfen? Es kommt ja auch schon mal vor, dass du Streicher buchst.

Ich könnte ein Lied immer verwerfen, wenn ich es nicht gut finde.

Und wenn du Leute bezahlt hast, um etwas einzuspielen?

Das ist mir egal. Aber es ist auch noch nie so gewesen. Ich habe noch nie ein Lied geschrieben, das ich nicht benutzt habe. Manchmal fange ich vielleicht mit einem Beat an, der nicht fertig wird. Bei ganzen Songs ist das noch nie passiert. Wenn mir etwas nicht gefällt, dann streiche ich das Ganze und mache es nochmal.

Du arbeitest viel mit Rappern. Wie läuft das? Haben die meistens ihre Finger im Spiel mit dem Arrangement und den Instrumentalen?

Kommt darauf an, auf wessen Platte es am Ende landet. Derjenige hat natürlich das letzte Wort. Bei den Orsons war es so, dass ich den Beat zusammen mit der Hook an Tua geschickt habe. Er hat dann daraus etwas eher Verschrobenes gemacht. Da muss man dann Abstriche machen. Auf meiner Platte war Fatoni mit einer Pause vor seiner Strophe nicht einverstanden. Dann habe ich gesagt, dass ich das Lied nicht ohne Pause haben möchte. Was sowas angeht bin ich dann recht stur.

Eine Frage in persönlichem Interesse: Wie war die Zusammenarbeit mit Edgar Wasser?

Die war total leicht, weil er eine ganz klare Meinung hat. Der ist so schmerzfrei, was das angeht. Das habe ich noch nie erlebt. Bei dem Video, was wir zusammen gemacht haben, habe ich sehr lange an einem Schnitt gearbeitet. Er hat mir dann gesagt, dass es ihm überhaupt nicht gefällt, woraufhin ich erstmal ein bisschen perplex war. Er ist superehrlich! Das finde ich auch gut, weil man dann genau weiß, woran man ist. Bei dem Song „Aliens“ ging alles ohne Schwierigkeiten. Wir waren uns immer einig. Das ist aber nicht immer so. Wir versuchen jetzt seit einem halben Jahr ein Lied zusammen zu machen, konnten aber noch keinen Konsens finden.

Hast du als Sängerin konkrete Vorbilder, an denen du dich orientierst?

Ich habe nichts, woran ich mich direkt orientiere. Ich finde, dass alles, was man gut findet in irgendeiner Weise Vorbild ist. Immer. Besonders weil man oft Dinge mag, die man selbst nicht kann. Ich kann dir jetzt aber nicht fünf Leute nennen oder so. Von den großen hat mich Amy Winehouse sehr beeinflusst. Sia auch, aber seit „Some People Have Real Problems“ eher weniger. Es gibt weniger Frauen und mehr Männer, die ich gut finde.

Das ist ein gutes Stichwort! Mir ist aufgefallen, dass viele Musiker der Tod von Prince sehr getroffen hat. Geht es dir da genauso?

Ich kann mich noch genau erinnern, dass ich gerade bei meinen Eltern war, als ich das gelesen habe. Dann musste ich mich erstmal auf die Treppe setzen, auf der ich stand. Das war ein großer Schock für mich. Es gibt nicht mehr viele Weltstars dieser Sorte. In der heutigen Zeit werden große Künstler in der Musikbranche viel rarer. Ich habe das Gefühlt, dass vieles oberflächlicher wird.

Du selbst bist ja eine Künstlerin, die sich vom Bekanntheitsgrad auf dem Mittelweg befindet. Wirst du in der Öffentlichkeit erkannt?

Ab und zu. Aber es hält sich in Grenzen. In letzter Zeit passiert das ein bisschen häufiger, was wohl an der Promophase liegt. Dann muss man damit rechnen und kann sich auch nicht beschweren. Ich kann natürlich noch ganz normal einkaufen gehen.
Es gibt zwei Sorten von Leuten: Entweder sie sind aggressiv oder sagen gar nichts. Am schlimmsten war jemand, der zu mir kam und mir direkt einen Kuss auf die Wange gegeben hat.

Haben die Studiengänge „Jazzgesang“ sowie „Producing und Composing“ deinen Klang beeinflusst?

Meinen Klang eher weniger, meine Technik schon. Ich weiß, wie ich mit meiner Stimme umgehe und mich mit Kompositionen ausprobiere. Jedoch habe ich nicht das Gefühl, dass ich anders schreiben würde. Ich glaube viel mehr, dass mir das ein bisschen leichter fällt. Das, was ich höre, hat mich geprägt, aber keine Lehrer.

Ich habe dich sagen hören, dass du Musik kaum als Beruf ansiehst. Meinst du, das wird sich irgendwann ändern?

Ich bin immer so hin und her gerissen. Ich glaube, dass Musik für mich nie Arbeit sein wird. Das Drumherum jedoch schon. Das Business insgesamt nervt mich einfach ein bisschen. Ich mache das seit drei Jahren und bin jetzt manchmal schon so weit und denke, dass ich irgendwann einfach genug habe und was anderes machen will. Arbeite ich mit einem coolen Künstler oder stehe mit meiner Band auf der Bühne, dann wird mir wieder klar: Musik ist für mich so elementar und lebenswichtig wie Atmen. Ohne wäre ich sehr unglücklich. Auch, wenn es mich manchmal ankotzt.

Zum Abschluss etwas Einfaches: Wenn du „Leipzig“ hörst, woran denkst du?

Ich denke an das letzte Konzert in der Moritzbastei. Das war so cool, dass ich mich extrem auf heute freue. Ich kenne die Stadt nicht so gut, aber ich weiß, dass viele von meinen Bekannten hierher gezogen sind. Sie schwärmen sehr von davon. Von den 19 Städten, in denen wir touren, ist Leipzig auf jeden Fall unter meinen Top 5!


Hoffen wir, dass es immer noch so ist! Mir hat das Konzert zumindest sehr gut gefallen und auch die Vorband lobte das Publikum.
Wer auf ein Mine-Konzert geht, der ist wohl in erster Linie wegen der Musik dort. Und damit haben sie und ihre Band auf ganzer Linie abgeliefert. Was aus entertainmenttechnischer Sicht vielleicht fehlte, das glich Mines Redefreudigkeit zwischen den Liedern wieder aus. Und sogar einen Heiratsantrag gab es. Was will man mehr?

minemusik.de


Mine im Interview

Freshguide MDL 161 JUNI 2016, Mine-Interview


(Originalbeitrag, Kurzfassung in Printform auf Seite 32-33 des Freshguide MDL 161 JUNI 2016)


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